Theoderichstrophe
Geschichte und Geschichten aus Skandinavien
Runenband

Hærjulvstein

DR 15 - Øster Løgum

Allgemeine Informationen:

  • Standort: Am alten Ochsenweg / Heerweg, etwa drei Kilometer südlich von Immervads Bro, Nordschleswig / Südjütland
  • Datierung: Übergangszeit, spätes 8. Jahrhundert
  • Runentypen: Langzweigrunen
  • Gegenstand: Runenstein, Granit

Transkription der Runeninschrift:

' hairulfR '

Deutsche Übersetzung:

Heerwolf

Kommentar:

Die Inschrift ist nicht besonders mitteilsam. Nur ein Männername im Nominativ. Wer war dieser Heerwolf? Der Runenmeister, der seinen Namen in den Stein gehauen hat? Der Auftraggeber, der ihn hat machen lassen? Oder - am wahrscheinlichsten - der Tote, wohl ein herausragender Krieger, zu dessen Gedenken der Stein aufgestellt wurde? Die Verwendung der Runen des jüngeren Futhark deutet auf eine Entstehung der Inschrift in der Wikingerzeit. Die Plazierung der Inschrift am Rand des Steins ist typisch für die frühe Wikingerzeit bzw. die späte Übergangszeit vom älteren zum jüngeren Futhark, ebenso die Verwendung kurzer Striche als Trennzeichen. Wir können also vermuten, daß Heerwolf irgendwann zwischen 650 und 800 n.Chr. gelebt hat, wahrscheinlich gegen Ende dieses Zeitraums. Sein historischer Hintergrund bleibt uns jedoch verborgen.

Umso besser kennen wir das spätere Schicksal dieses Steins, einer der wenigen Runensteine Dänemarks, die heute an ihrem ursprünglichen Platz in der Landschaft stehen. Die meisten anderen stehen in, an, oder vor Kirchen, oder in Museen. Der Hærulf-Stein oder Øster-Løgum-Stein (früher auch Hovslund- oder Haverslund-Stein genannt) ist einer der am frühesten dokumentierten dänischen Runensteine, die älteste bekannte schriftliche Erwähnung stammt aus dem Jahr 1592. Er stand damals auf einem Feld bei Hovslund, unmittelbar westlich des alten Ochsenweges/Heerweges nach Haderslev. Später wird berichtet, er sei als Teil eines angelegten Erdwalls verwendet worden. Von dort wurde er 1854 auf Veranlassung des Landeigentümers entfernt,Bautastein am Strangelshoj der den Stein freiwillig unter Denkmalschutz stellen ließ. Er wurde dem dänischen König Frederik VII zum persönlichen Geschenk gemacht und auf einer nahegelegenen Rasenfläche aufgestellt, umkränzt von kleineren Steinen. Doch schon zehn Jahre später, nach dem Friedensschluß von 1864, ließ ihn dann Prinz Friedrich Karl von Preußen, sozusagen als Kriegsbeute, erneut entfernen und im Park bei seinem Jagdschloß "Dreilinden" bei Potsdam aufstellen. Der öffentlichen Aufmerksamkeit entzogen, geriet das Denkmal erst 1880 ins Blickfeld deutscher Prähistoriker, als Ernst Friedel, Direktor des Märkischen Provinzialmuseums in Berlin, in einer Publikation den Stein und seine Inschrift ausführlich beschrieb. In Dänemark wurde über die Jahrzehnte in zahlreichen Zeitungsartikeln über den "Diebstahl" berichtet und es gab immer wieder Versuche, den Stein nach Dänemark zurückzuholen. Auch in Deutschland gab es 1942 Anregungen, das "kleine nationale Heiligtum" an Dänemark zurückzugeben. Aber erst nach einem Abkommen zwischen Dänemark und Deutschland im Oktober 1951 übergab Ernst Reuter, der regierende Bürgermeister von Berlin, der selbst aus Aabenraa (dt. Apenrade) in Nordschleswig stammte, dem dänischen Botschafter den Stein, der schließlich wieder an seinem ursprünglichen Platz beim alten Heerweg, etwa drei Kilometer südlich von Immervads Bro, aufgestellt wurde.

Etwa 200 Meter entfernt, auf der anderen Seite des Heerweges, befindet sich der Strangelshøj, ein Grabhügel aus der Bronzezeit (ca. 1700 - 500 v.Chr.), mit einem über zwei Meter hohen Bautastein an seinem südlichen Rand. Bautasteine sind eine Art Vorläufer der Runensteine, senkrecht aufgestellte Gedenksteine ohne Inschrift, meist mit mindestens einer flachen Seite. Erst während der Eisenzeit, etwa ab dem 4. Jahrhundert n.Chr., begann man, solche Gedenksteine mit Runeninschriften zu versehen. Einem alten Volksglauben zufolge dreht sich der Bautastein am Strangelshøj, wenn er irgendwo frisch gebackenes Brot riecht. Dieser Volksglaube ist in Dänemark weiter verbreitet. So erzählt man sich beispielsweise über den Findling "Spejdersten", den größten Stein auf der Insel Falster, genau dieselbe Geschichte.

Quellen und weiterführende Literatur

  • MARKVAD, Jørgen (2003): Runer og Runesten. Forlaget Yduns Æbler, Gedved.

  • MICHAELSEN, Karsten Kjer (2002): Politikens bog om Danmarks oldtid. Politikens Forlag, Kopenhagen.

  • MOLTKE, Erik (1985): Runes and their origin - Denmark and elsewhere. Nationalmuseets Forlag, Kopenhagen.

  • NEHLS, H. (1992): Die dänischen "Souveniers" des Prinzen Friedrich Carl von Preußen. Slesvigland 1992/1, Sønderborg.

  • SØNDERJYLLANDS AMT (o.J.): Hærulfstenen. Informationstafel beim Runenstein.

  • THORSEN, Sven (1995): Halskov Vænge Falster. Skov- og Naturstyrelsen, Vandreture i Statsskovene nr. 88.


©2005/2009 Joachim Henkel