Theoderichstrophe
Geschichte und Geschichten aus Skandinavien
Runenband

U Fv1986;84 - Bo Gård

U Fv1986;84 - Bo Gård

Allgemeine Informationen:

  • Standort: Am Rand eines Gräberfeldes im Wohngebiet Bo auf der Insel Lidingö
  • Datierung: Wikingerzeit, 2. Hälfte 11. Jahrhundert
  • Runentypen: Langzweigrunen
  • Gegenstand: Runeninschrift auf einer Felsfläche

Transkription der Runeninschrift:

asmu-tr ... ris-- * runaR * eftiR × stein * faþurs*faþur * sin * auk * faþur * siba * ok × geiRbiarnaR × aok ... ulfs * eaR * merki * mikit * at * man * koþan ×

Deutsche Übersetzung:

Asmund ritzte die Runen in Gedenken an Sten, seinen Großvater und Vater Sibbes und Gerbjörns und Ulfs. Hier (ist) ein großes Denkmal für einen guten Mann.

Kommentar:

Am östlichen Stadtrand von Stockholm, durch eine Brücke mit der Stadt verbunden, liegt die große Schäreninsel Lidingö, heute eine eigene Kommune mit über 42000 Einwohnern. Als Lidingö 1929 Stadt wurde, gab man sich auch ein eigenes Wappen: Es zeigt ein segelndes Wikingerschiff. Damals glaubte man noch, der Name Lidingö sei vom Wort "ledung" abgeleitet. Das Wort bezeichnet ein System, nach dem Wikingerschiffe bemannt wurden. Heute glauben die Sprachforscher eher, daß der Name der Stadt etwas mit dem Wort "luden" zu tun hat, Lidingö würde dann etwa "die vegetationsreiche Insel" bedeuten (die schwedische Endung -ö bedeutet Insel).

Wappen der Stadt Lidingö

Die erste Besiedlung der Insel fand vor etwa 1500 Jahren während der Völkerwanderungszeit statt. Schon bald darauf, um 550-600 n.Chr., begannen die Bewohner, die ersten Gräberfelder anzulegen. Vier dieser Gräberfelder sind heute noch auf Lidingö zu sehen. Das zweitgrößte liegt in einem kleinen Waldstück mitten in einem Wohngebiet im nördlichen Teil der Insel. Man kann dort heute noch die Reste von knapp 50 mehr oder weniger deutlich erkennbaren Hügeln, drei rechteckigen und zwei runden Steinsetzungen erkennen. Außerdem findet man noch die Reste einer dreieckförmigen Steinsetzung mit einwärtsgebogenen Seiten, einer Grabform, die für die Wikingerzeit typisch ist. Das Grab dürfte etwa um die Jahrtausendwende entstanden sein. Das Gräberfeld hat also wohl rund ein halbes Jahrtausend lang als Begräbnisstätte für die lokale Bevölkerung gedient. Die Überraschung war groß, als einige Anwohner 1984 bei einem Picknick am Rande des Gräberfeldes eine Entdeckung machten, als sie ein wenig Moos auf einem Felsen abkratzten: Dabei kamen Teile einer Runeninschrift zutage.

Es handelt sich um eine einfache Gedenkinschrift, die der Wikinger Asmund für seinen verstorbenen Großvater Sten in den Felsen schlagen ließ. Auch Stens drei Söhne werden in der Inschrift erwähnt. Aus der Inschrift ist allerdings nicht erkennbar, ob einer der drei Asmunds Vater war. Die Inschrift schließt mit einem individuellen Zusatzteil, in dem die Bedeutung des Denkmals hervorgehoben und der Verstorbene als ein "guter Mann" gewürdigt wird. Auch wenn eine christliche Gebetsformel oder Fürbitte fehlt, deutet doch das Kreuz in der Runenschlinge darauf hin, daß Sten und seine Nachkommen Christen gewesen sind.

Aus runologischer Sicht ist interessant, daß in der Inschrift für das Wort "ok" (dt. "und") drei verschiedene Schreibweisen verwendet werden: auk, ok und aok. Das Wort Großvater ("Vatersvater") ist ebenfalls interessant, es ist außer auf dem Felsen von Bo Gård nur in einer einzigen weiteren schwedischen Runeninschrift belegt.

Da Stens Söhne nicht mit Asmund zusammen als Auftraggeber des Denkmals genannt werden, kann man annehmen, daß auch sie bereits verstorben waren, als Asmund das Denkmal für seinen Großvater machen ließ. Ob Sten und seine Söhne auf dem angrenzenden Gräberfeld begraben liegen, können wir heute nur vermuten. Der geehrte Sten ist jedenfalls der älteste namentlich bekannte Bewohner Lidingös.

Der Runenfelsen von Bo Gård am Rand des Gräberfeldes am Askrikevägen/Lidingö

Quellen und weiterführende Literatur

  • EKABERG, Ylva Runinge (Red.)(o.J.): Vandra på Lidingö - Vägvisare för en skogsled och två stadsleder. Lidingö Kommun.

  • LIDINGÖ HEMBYGDSFÖRENING (o.J.): Gravfält och runhäll vid Askrikevägen. Informationsschild beim Gräberfeld. Lidingö Stad, Kultur och Fritid.

  • PETERSON, Lena (2006): Svenskt runordsregister. Runrön 2. Institutionen för nordiska språk, Uppsala universitetet.